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Die beiden Brüder Murad (links) und Salih Esgün (rechts) führen das Atelier Glencheck & Paisley.

Wer einen perfekt sitzenden Anzug sucht, findet diesen selten im Warenhaus. Ein Massanzug vom Schneider ist eine Lösung. Oft scheint jedoch das genaue Massnehmen und das Warten auf das mass­geschneiderte Kleidungsstück eine zeitraubende und langwierige Angelegenheit. Aber dem ist nicht so.

Bequemes Shopping – gerade für Männer hört sich das eher nach einem Wunschtraum an. Oft ist der Kleiderkauf zeitraubend und kostet Nerven. Anders bei Massschneiderei: «Wenn der Kunde einmal seine Masse hat, dann ist das Aussuchen eines Massanzugs eigentlich eine schnelle, kurzweilige Angelegenheit», erklärt Salih Esgün. Zusammen mit seinem Bruder Murad führt er das Schneideratelier Glencheck & Paisleys in Zürich. Neben der Beratung im eigenen Büro besuchen sie ihre Kundschaft auf Wunsch auch zu Hause oder im Büro. Sie sind Stilberater, helfen bei der Auswahl des Stoffes und der Accessoires, nehmen Mass und begleiten die Kunden bis zum perfekt sitzenden Massanzug.

«ZürichRUNDSCHAU»: Mark Zuckerberg trägt Jeans und T-Shirt, Steve Jobs war bekannt für seinen schwarzen Rollkragenpullover. Tragen Männer heute in der Business-Welt noch Anzug?

Salih Esgün: Ja, absolut. Gerade in der Wirtschafts- und Finanzwelt ist der Anzug nach wie vor ein Muss. Was auffällt, ist jedoch, dass immer seltener Krawatten dazu getragen werden. Was ich persönlich sehr schade finde, denn die passende Krawatte rundet das Outfit ab und gibt einen persönlichen Touch. Was in den letzten Jahren wieder mehr aufkommt, ist Smart Casual. Das heisst, Sakko und eine etwas lockerere, sportliche Chino mit Hemd und ohne Krawatte. Aber das hängt natürlich immer davon ab, in welchem Business man tätig ist.

Was genau kann ich mir unter einem Massanzug vorstellen?
In erster Linie sicherlich ein auf die Körpermasse und auf persönliche, individuelle Bedürfnisse abgestimmter Anzug. Dazu kommt, dass der Kunde individuell beispielsweise die Taschen, das Innenfutter und die Knöpfe aussuchen kann.

Können Sie mir kurz erläutern, wie eine Beratung und das Massnehmen ablaufen?
Wie vereinbaren einen Termin bei uns oder beim Kunden. Bei diesem Treffen wird in erster Linie der Stoff ausgesucht und wir besprechen, wie der Anzug optisch aussehen soll. Dann werden die Masse genommen und an den Lieferanten weitergeleitet. Dieser erstellt ein persönliches, individuell auf den Kunden abgestimmtes Schnittmuster und danach wird der Massanzug – oder das Masshemd – produziert. Vier Wochen später trifft das Kleidungsstück bei uns ein und wir machen mit dem Kunden einen Termin für die Anprobe. Wir schauen, wie das Stück sitzt und sollte es noch kleine Feinkorrekturen geben, bearbeiten wir diese in unserem Schneideratelier in Zürich.

Sie schneidern also nicht selbst?
Nein, wir arbeiten mit einem deutschen Lieferanten zusammen, der ausschliesslich in Europa schneidern lässt und mit italienischen und englischen Qualitätsstoffen arbeitet.

Was hat ein Massanzug für Vorteile?
In erster Linie sicherlich die Zeitersparnis beim Einkaufen. Haben wir mal die Masse aufgenommen und es kommt zur Bestellung eines zweiten Anzugs, muss der Kunde nicht mehr den kompletten Prozess des Massnehmens laufen. Er muss nur noch den Stoff aussuchen und sagen, wie der Anzug optisch ausschauen soll. Natürlich ist ein Massanzug auch ein individuelles Kleidungsstück, das man so sicherlich nicht in einem herkömmlichen Laden findet. Wir haben das ganze Jahr über eine Auswahl an 2 000 Stoffen. Auch wer im Winter etwas Sommerliches sucht, findet bei uns etwas Entsprechendes. Ausserdem gehen wir auch zu Kunden ins Büro. Heutzutage hat man nicht nur weniger Zeit zum Einkaufen – sondern auch keine Lust. Vor allem die Männer. Die mögen es lieber bequem.

Wo genau liegt der Unterschied zwischen einem Schneider, der Mass–anzüge herstellt wie Sie, und einem traditionellen Schneider?
Es ist nicht so, dass wir im Gegensatz zu traditionellen Schneidern nur Hosen- und Ärmellängen abstecken. Wir haben bis zu 100 verschiedene Möglichkeiten, wie wir den Schnitt, die Messpunkte und die Konfek­tionspunkte abmessen können. Es ist also weit mehr als einfach nur Ärmellängen kürzen. Wir arbeiten mit dem Made-to-Measure-Modell. Das heisst, wir gehen immer von einem Grundmodell aus. Mit dem Grundmodell bestimmen wir zuerst die Grundgrösse, und von da an können wir sehr viele Änderungen vornehmen, sodass der Anzug dann perfekt auf den Kunden abgestimmt ist. Der Vorteil bei uns ist, dass wir nach etwa vier Wochen das Kleidungsstück bei uns haben. Und dann hat der Kunde einen Termin für die Anprobe. Wir haben also genauso viele Möglichkeiten wie ein herkömmlicher Schneider.

Und wie sieht es mit dem Preis aus?
Der preisliche Aspekt ist natürlich ein weiteres Plus: Viele unserer Kunden können es sich leisten, einen Anzug bei einem traditionellen Scheider machen zu lassen. Bei uns bekommen sie jedoch für denselben Preis vier Anzüge. Und diesen Mehrwert und die Möglichkeit, die Garderobe zu wechseln, wissen unsere Kunden zu schätzen. Bei uns bekommen die Kunden zum Beispiel einen Massanzug aus italienischen Stoffen schon ab 959 Franken.

Und wie Sie schon gesagt haben, Flexibilität und Individualität bleiben bei Made-to-Measure-Anzügen bestehen …
Genau, absolut. Da würde ich jetzt behaupten, müssen wir uns nicht vor einem herkömmlichen Schneider verstecken. Da können wir absolut mithalten.

Die Zeiten sind vorbei, als sich ein Anzug noch mit individuellen Knopflöchern oder buntem Innenfutter von anderen Anzügen abheben konnte. Heute sind Massanzüge ein aufstrebendes Business. Wie heben Sie sich von den Mitbewerbern ab?
Das ist richtig, es gibt immer mehr Anbieter von Massanzügen. Aber wir konzentrieren uns primär auf uns und schauen, dass wir uns stetig verbessern. Für uns ist es wichtig, dass wir uns für den Kunden Zeit nehmen, dass wir seine Bedürfnisse erkennen, wahrnehmen und bestmöglich umsetzen. Dazu ist Flexibilität für uns sehr wichtig, zum Beispiel sind wir flexibel mit den Terminen und arbeiten auch zu Zeiten, zu denen andere vielleicht nicht mehr geöffnet haben. Mein Bruder und ich sind jetzt seit über 20 Jahren in der Modebranche tätig, und ich denke, wir haben eine grosse Erfahrung, was Mode und das Beraten der Kundschaft anbelangt.

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Sehen Sie sich eher als Schneider oder als Stil- und Modeberater?
Sicherlich in erster Linie als Stil- und Modeberater. Natürlich haben wir durch unsere jahrelange Erfahrung in der Modebranche auch mit Schneidern zusammengearbeitet. Somit haben wir das Auge und das Wissen, um gewisse Zusammenhänge miteinander zu verknüpfen: Wenn wir gewisse Änderungen vornehmen, wissen wir, was das für Konsequenzen auf andere Masse hat. Das ist auch zwingend notwendig, sonst könnten wir unseren Beruf gar nicht professionell ausführen. 

Sie arbeiten viel mit feinen Stoffen, und Qualität ist Ihnen wichtig. Wie können Sie diese garantieren?
Wie gesagt, arbeiten wir mit einem deutschen Lieferanten zusammen. Da wir ausschliesslich in Europa produzieren, haben wir relativ kurze Lieferzeiten und -wege. Zudem findet die ganze Kommunikation mit unseren Lieferanten auf Deutsch statt. Das vereinfacht vieles. Ebenso legen wir natürlich grossen Wert auf die Stoffe. Dazu gehören extrem hochwertige Stoffhersteller wie Loro Piana, Holland & Sherry, Vitale Barberis und Ariston Napoli – namhafte italienische und englische Stofflieferanten, die top Qualität bieten.

Ist es für Ihre Kunden wichtig, dass der Massanzug in Europa geschneidert wird?
Für unsere Kunden ja. Das kann ich 100-prozentig so beantworten. Klar gibt es auch diverse Anbieter, die in Fernost produzieren lassen. Das kam für uns jedoch nie infrage. Als wir das Unternehmen gegründet haben, war für uns klar, wir möchten Made in Europe. Und für den grössten Teil unserer Kunden ist das wichtig, und sie finden es top, dass wir das so machen.

Am Anfang haben Sie bereits Krawatten angesprochen. Neben Massschneiderei bietet Glencheck & Paisley auch Accessoires an … 
Wir haben zum Beispiel Schuhe, die in Österreich hergestellt werden, dann Krawatten und Einstecktücher, die von Drake’s London in England hergestellt werden. Wir bieten alles an, was für den Herren wichtig ist: vom Mantel und Regenmantel über Anzug, Hemd, Hose bis zur Freizeithose – alles von Kopf bis Fuss.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Wo sehen Sie da die Masskonfektion beziehungsweise das personal Tailoring?
Ich sehe der Zukunft eigentlich relativ gelassen entgegen. Der Kunde, der sich für einen Massanzug entscheidet, der möchte die persönliche Beratung. Das Face-to-Face-Gespräch, der persönliche Kontakt, ist ganz wichtig. So etwas kann man nicht übers Internet abwickeln. Durch das persönliche Gespräch erfahren wir viel über den Kunden, wie er das Kleidungsstück haben möchte, was ihm wichtig ist. Deswegen bleibt die Massschneiderei weiterhin bestehen. Die Kunden möchten nicht in ein Warenhaus gehen, sondern zum Scheider, zum Berater, von dem Sie wissen, dass er sich ein zwei Stunden Zeit für sie nimmt und nur für sie da ist. Das ist wichtig.

Wie sieht es bei Glencheck & Paisley aus, was sind die Pläne für die nächsten Jahre?
Natürlich der stetige Ausbau der Stammkundschaft. Uns ist aber wichtig, dass wir trotzdem schlanke Strukturen haben, schnell reagieren können, kurze Entscheidungswege haben und das Ganze auf einer persönlichen und engen Kundenbeziehung aufbauen. Zudem ziehen wir Mitte März in ein neues Atelier in der Stockerstrasse. Wir bleiben im selben Quartier, aber es kommt etwas neuer Wind in unser Unternehmen. 

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